Was unsere Zertifizierten Natur- und Landschaftsführer:innen so erleben

Die Demonstration eines Heidevogels – von Jan Brockmann

Wir haben viele tolle Vögel in der Heide! Birkhühner, Raubwürger, Eisvögel und noch viele mehr. Aber nicht alle können wir immer leicht entdecken und den Gästen zeigen. Umso schöner ist es, dass wir einen ganz treuen Partner in der Vogelwelt haben, der uns im Frühjahr immer verlässlich eine tolle Schau liefert – den Baumpieper. Er ist fast überall in der Heidelandschaft vertreten. Sobald ein fliegendes Männchen aus dem Augenwinkel heraus ausgemacht ist, kann der Naturführer ganz in Ruhe erläutern, dass gleich der  Paradeflug eines „Heidevogels“ präsentiert wird. Man zeigt auf einen kleinen Vogel, der unweit auf einem Wacholder oder einer Birkenspitze sitzt und verkündet, gleich geht es los! 

Manchmal muss man noch ein wenig warten und kann diese Sekunden mit Informationen füllen, aber dann steigt er auch schon unüberhörbar von seiner Sitzwarte in den Heidehimmel auf – hält kurz inne – breitet seine Flügel aus und gleitet wie von einem Fallschirm getragen ganz, ganz langsam auf die nächste Sitzwarte herab – einfach magisch! Und ganz nach dem Motto „Mach´s noch einmal Sam“ kann die Gruppe weiter mit staunend offenem Mund und gezücktem Handy die ganze Prozedur wieder und wieder erleben! Danke Baumpieper!

Foto: VDN-Fotoportal/Raimund Knauf

Wenn die Naturführerin etwas von den Gästen lernt – von Sandra Malissa

Auf einer Tour rund um den Brunsberg zum Thema „Lüneburger Heide“ konnte ich etwas von einem Gast lernen. Er erzählte, dass es am Brunsberg einmal eine Segelflugschule geben hat. Dies kann man sich heute irgendwie nicht vorstellen, wenn man vor Ort ist. Aber die Segelflieger waren um1930 dort aktiv. Und damals war der Brunsberg natürlich viel freier als heute. Der Kontrollturm stand in dem Bereich wo jetzt eine Jugend-Unterkunft ist. Aber auch ich erinnere mich an meine Jugend, wo man bis Blankenese sehen konnte. Heute sind die Bäume doch deutlich gewachsen.

Brunsberg, Drohnenaufnahme. Copyright: UNB LK Harburg

Von Managern und Schäfern – von Jan Brockmann

Wie so oft führte ich eine Gruppe Manager durch die Heide. Nach anstrengenden
Powerpoint-Sitzungen tut eine Wanderung einfach gut und das gemeinsame Naturerlebnis
ist perfektes Teambuilding. Kurz vor Wilsede trafen wir eines unserer Schäfer-Originale mit
seiner Schnuckenherde. Nach Selfies mit und ohne Schaf widmeten sich meine Manager
dem Schäfer, der gelassen auf einem Baumstamm in der Sonne saß und über die
Heidelandschaft blickte. „Moin, na, sie freuen sich aber auch, dass heute so tolles Wetter ist,
was?“ fragte der erste Manager.

Worauf der Schäfer seinen Blick hob, ganz ruhig den Manager anschaute und sagte „Ist mir
doch egal. Wenn ich mir über das Wetter auch noch Gedanken machen müsste, hätte ich
den falschen Beruf!“. Der erste Manager sagte dann nichts mehr, aber ein zweiter schaltete
sich ein: „Ist das nicht langweilig, hier so den ganzen Tag den Schafen beim Fressen
zuzuschauen?“. Wieder hob der Schäfer ganz bedächtig den Kopf und sagte: „Wissen sie,
was die langweiligste Zeit in meinem Leben war? – Ich musste mal auf einem Lehrgang zwei
Wochen in geschlossenen Räumen sitzen - zwei Wochen, können Sie sich das vorstellen?

Schäfer mit Heidschnuckenherde. Und Hund.

Schäfer Ast, der Wunderdoktor von Radbruch – von Jürgen Persiel

Vorausschickend muss ich erklären, dass es zur Ausbildung zum ZNL gehörte, dass man sich mit den Heideoriginalen befasste und  darüber einen bewerteten Vortrag halten musste. Ich habe dieses Original gewählt, ohne zu ahnen, welche Ausmaße an Vorträgen bei verschiedenen Institutionen es annehmen würde. Das lag mit Sicherheit an der Person des Heinrich Ast, geboren 1848. Aus einer  alten Schäferfamilie stammend, kam er 1873 nach Radbruch.

Hier fand er schnell als Schäfer Arbeit und heiratete im gleichen Jahr. Bis 1882 waren fünf Kinder geboren. Da er alleine von dem Beruf eines Schäfers nicht genug verdienen konnte, hatte er sich mehr um die  Krankheiten von Tieren auf den Bauernhöfen gekümmert, und zwar mit Mitteln aus Heilpflanzen. So wie seine Vorfahren wusste er gut  über die Naturmedizin Bescheid. Und weil die Natur von Mensch und Tier nicht weit auseinander liegt, konnte er mit seinen Heilmitteln auch kranken Menschen helfen. Besonders bei ihm war es die Kunst, aus einem abgeschnittenen Büschel  Nackenhaare, die er mit einem Vergrößerungsglas betrachtete, die Krankheiten ablesen.

So kam es, dass nun die kranken Menschen nach Radbruch zu hunderten kamen, um bei ihm Hilfe zu suchen. Im Jahre 1894 hatte er soviel Zuspruch, das bis zu tausend Menschen an einem Tag vor seiner Haustür standen. Zwei Gerichtstermine, bei denen es um die Fertigung und Verbreitung seiner Heilmittel ging, machten über die Berichterstattung einschlägiger Zeitungen aus ganz Deutschland für ihn Reklame. So kam bald viel Unruhe in das kleine Dorf. Die Transporte vom Bahnhof, Unterkunft und Essen und Trinken brachten allerhand Verdienst für die Dorfleute. Aber auch Spitzbuben machten sich mit Taschendiebstählen breit, so dass sieben Schutzleute extra in Dienst gestellt  wurden.

Ast hat für seine Hilfe keinen Lohn verlangt, man spendete, und dadurch hat er gut verdient. So hat er im Laufe seiner Tätigkeit mit seiner Kunst viele Menschen geheilt, kannte aber auch seine Grenzen und hat den einen oder anderen Kranken ins Krankenhaus geschickt. In seiner Biografie von „Schäfer Ast“ hat Walter Ebel über Ast folgendes geschrieben: Ast hat mit seiner zuversichtlichen und leichten Art und Wissen viel Vertrauen ausgestrahlt, was gewiss bei der Heilung mitgeholfen hat. Sein plattdeutscher Ausspruch war: „Dat ward allns we’er gaud.“ So lässt sich nicht abstreiten, das er über die Jahre hunderttausend  Menschen geholfen hat, denn „der der heilt, hat Recht.“ 

Im hohen Alter von 73 Jahren ist Heinrich Ast 1921verstorben. Sein Grab und der Stein, ein großer Findling aus der Radbrucher Heide, steht auf dem Mühlenfriedhof in Bardowick und seine Heiltropfen kann man heute wie auch zu seiner Zeit bei der Alten Ratsapotheke in Winsen a.d. Luhe kaufen. Diese Geschichte jedesmal, und es waren sehr viele Vorträge, vor einem wissbegierigen Publikum zu erzählen, war für mich ein besonderes Erlebnis. So kam nach meinem ersten Vortrag, den ich bei Hildegard Meinberg in „Rund üm Sood“ in Salzhausen vor „vollem Haus“ gehalten hatte, ein älterer Radbrucher auf mich zu und drückte sein Erstaunen darin aus, dass er sagte: „Woher hast du bloß das ganze Wissen?“ Ich habe es ihm nicht gesagt, denn alles muss man nicht ausplaudern, aber aus einem Archiv hatte ich das Glück, mir die Biografie über Schäfer Ast von Walter Ebel, zu kaufen.

Weitere Anekdoten unserer ZNLer:innen folgen in Kürze.